Tageskilometer: 0,00 Km
Tageshöhenmeter: 0 Hm
Gesamtkilometer: 444,99 Km
Gesamthöhenmeter: 4.184 Hm
Gesamtkilometer Schiff: 47,60 Km
Wie geplant lege ich einen Pausentag ein. Ich fühle mich zwar sehr gut, aber so hatte ich es ursprünglich eingeplant, um schön langsam in die Tour reinzufinden. Ich kann sagen, dass das gelungen ist.
Es fühlt sich gut an, dass ich heute mal ganz langsam machen kann. Außerdem habe ich einiges zu erledigen. Nachdem ich in der strahlend sonnigen Nacht bis 0:30 Uhr meine Unterkünfte für die nächsten 5 Tage gebucht hatte, habe ich heute meine Navi-Routen entsprechend angepasst.
Die Wäsche, die ich abgeben konnte war innerhalb von zwei Stunden gewaschen und getrocknet - passt!
Am Morgen hätte ich fast vergessen, dass Finnland mit seiner Zeit um eine Stunde vor dem Rest Zentraleuropas liegt. Frühstück gibt's von 8:00 bis 9:30 Uhr. Das schaffe ich noch locker, und das Frühstück ist reichhaltig; Wurst, Käse, Rührei mit Speck), diverse Brotsorten, Obst und Cerealien, Kaffee, Tee, Milch und Fruchtsäfte.
Danach mache ich mich auf den Weg zum Natural Center von Hetta. Dort hat mir Tiina (so wird's geschrieben), die Chefin vom Hotel, Mathias für die Reparatur meiner Sattelstütze empfohlen. Mathias arbeitet hauptberuflich als Koch im Natural Center, einem Ausgangs- und Einkehrpunkt für Wanderer inklusive Naturausstellung. Nebenberuflich betreibt er einen Bike-Verleih am Natural Center und in seiner Freizeit schraubt er an Fahr- und Motorrädern und Autos rum. Außerdem fährt er gerne Rallyes, einer Art Nationalsport in Finnland.
Ich erkläre ihm mein Problem mit der Sattelstütze und er bittet um eine halbe Stunde Geduld, weil er noch einiges in der Küche zu erledigen hat.
In der Zwischenzeit telefoniere ich mit dem Fahrradhersteller. ich habe für gutes Geld einen Assistance-Schutzbrief abgeschlossen und vor zwei Tagen das Problem gemeldet, aber keine Antwort erhalten. Der freundliche Herr vom Privatkundenservice entschuldigt sich dafür. Es wäre im Moment sehr viel los. Das ist mir eigentlich schnurzpiepegal. Er sucht händeringend nach einer Lösung. Als ich im sage, dass ich bereits mit einem Bike-Spezialisten in Kontakt bin, höre ich, wie ihm ein Stein vom Herzen fällt. Er aktiviere aber gleich den Teileversand, damit man mich vielleicht bei meinem nächsten längeren Aufenthalt beliefern kann. Wenn was ist, soll ich mit wieder melden.
Dann schaut sich Mathias das Problem an und meint, dass er dafür bestimmt eine Lösung findet. Wir bauen die Sattelstütze mit seinem original Mercedes-Schraubenzieher aus, der seiner Meinung nach gerade gut genug für mein tolles Bike ist. Dann fahren wir in seine Werkstatt. Ich frage ihn noch, ob ich mein Fahrrad nicht absperren sollte. Er deutet auf seine Leih-Mountainbikes im Wert von bestimmt 15.000 Euro, die unabgesperrt dastehen und meint, hier klaue niemand etwas. Selbst der Autoschlüssel in seinem Auto auf dem öffentlichen Parkplatz steckt. Seine Werkstatt? Nun, aufgeräumt ist ganz was anderes, aber ich bin hier in einer wahren Ersatzteil-Schatzkammer für alle Arten von Fahrzeugen gelandet. Er scheint das finnische Zentrallager für Sattelstützen zu besitzen. Den roten Lada hat er vorige Woche gekauft und wird gerade zum Rally-Auto umgebaut. Es gäbe nichts tolleres, als beim ersten Schnee mit einem Auto durch die Wälder zu düsen - oh Gott! Er sucht eine Sattelklemme aus und dann fahren wir mit seinem Toyota Corolla, Baujahr 1982, der halb Straßen- und halb Rally-Auto ist, wieder zurück zum Natural Center. Das Ding passt nicht, aber er hole mich nach der Arbeit im Hotel ab und dann finden wird was Passendes.
In der Zwischenzeit checke ich mal meine Vorräte an Gels und Riegeln. Mineraltabletten und Studentenfutter habe ich eh noch genug. Der Rest reicht auch noch locker bis zum nächsten Einkauf.
Ich bin trotzdem neugierig, was es wohl in einem lappländischen Supermarkt so alles gibt. Hetta ist nun keine Großstadt, aber mit gewissen Abstrichen gibt es eigentlich dieselbe Auswahl wie bei uns daheim. Nachdem wir ja zuhause genügend "Alpen"-Schokolade haben, probiere ich die Schokolade-Minze-Kekse, eine gute Wahl. Das Bierregal ist mit heimischen Biersorten gut bestückt. Ich entscheide mich zum Probieren für ein New England India Pale Ale (NEIPA) mit einem Design auf der Dose, dass es einem gruselig werden könnte; hoffentlich schmeckt es nicht auch so. Die Preise sind übrigens moderat und natürlich wieder in Euro.
Auf dem Rückweg zum Hotel esse ich an einem Imbissstand noch einen Rentierburger mit Pommes - einfach nur lecker!
Die Landschaft besticht weiterhin durch ihre Schönheit. Es ist alles ein bisschen kräftiger als im Norden, wo ich die Tage zuvor war, die Bäume und Sträucher und auch das Grün der Pflanzen. Ich werde mit strahlendem Sonnenschein belohnt, aber es braucht trotzdem zwei Lagen und die Outdoor-Jacke drüber. Der Windbläst ordentlich und es hat nur um die 8oC.
Wieder zurück im Hotel, setze ich mich erstmal in die Sonne und genieße die Kekse.
Dann mache ich mal den kleinen Kundendienst am Gespann; Luft aufpumpen, Kette und Gabel schmieren und Akkus laden.
Der Herr vom Fahrradhersteller ruft mich nochmal an - schau, schau - um sich zu erkundigen, wie es mir mit dem Problem geht. Er ist heilfroh, dass ich eine Lösung habe. Wenn ich irgendwie Unterstützung oder Ersatzteile brauche, solle ich direkt bei ihm anrufen. Er würde sich sofort darum kümmern. Na, geht doch!
Während ich das tue, kommt Petri, der Herr des Hauses, mit ein paar Schrauben auf mich zu. Er meint, Mathias hätte in das WhatsApp-Hilfsnetztwerk von Hetta reingeschrieben, dass eine bestimmte Sorte von Schrauben gebraucht würde, und Petri hat diese Schrauben für meine Sattelstütze. Ich finde es schon wieder mal unglaublich, wie sich die Leute hier helfen und somit auch mir. Die Einwohner von Hetta haben tatsächlich einen WhatsApp-Chat, um sich gegenseitig zu helfen.
Die Schraube passt!
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Martina (Mittwoch, 08 Juni 2022 18:09)
Wow, tolle Landschaft � und super, dass die Schraube passt �� dann lass es Dir noch gutgehen in Hetta und gute Weiterfahrt �