Tag 68 (07.08.2022): Von Besançon nach Tavaux cités

Tageskilometer: 66,31 Km

Tageshöhenmeter: 171 Hm

Gesamtkilometer: 4.318,51 Km

Gesamthöhenmeter: 29.076 Hm

Gesamtkilometer Schiff: 101,25 Km

 

Das Abendessen war ein Reinfall. Nicht nur dass die Küche völlig überfordert war, und alle Gäste ewig lange auf ihr Essen warten mussten, sondern bei dem Essen dürfte sich Paul Bocuse wohl im Grab umdrehen. Ich habe als Vorspeise einen Cesars Salad bestellt. Das konnte ich auf der Karte noch lesen. Nachdem es nur Speisekarten in Französisch gab, obwohl jede Menge deutsche und niederländische Gäste da waren, musste ich den Ober fragen, der eher weniger Englisch sprach. Ich deutete auf ein Gericht und fragte ihn, ob das Meat, also Fleisch sei. Er meinte ja, das wäre Meat. Fangen wir mal mit dem Cesars Salat an. Diese Interpretation hatte ein paar Salatblätter, Tomatenscheiben, ein French Dressing und panierte und herausgebackene Geflügelstücke. Aber die Hauptspeise übertraf diesen Cesars Salad, was den Überraschungseffekt angeht, noch um ein Vielfaches. Das Meat entpuppte sich als eine dicke in Scheiben geschnittene Bratwurst mit einer hellen Soße zum eintunken, Ofenkartoffeln und einem Mini-Salat. Nicht nur vom Essen war ich bedient, sondern auch vom Preis🤮. Also, auch in Frankreich gibt es Kandidaten hinter dem Herd, die mit einem dreijährigen Berufsverbot und anschließender Koch Psychologischen Untersuchung überprüft werden sollten.

 

Nachdem ich um 6:00 Uhr wach bin, stehe ich auf und packe meine 7 Sachen zusammen. Ich frühstücke Müsli und Süßgebäck.

 

Dann geht's los bei angenehmen 16o C und nach 20 Minuten verlasse ich das menschenleere Besançon; alles auf breiten Fahrradwegen versteht sich. Bei Avenne-Aveney überquere ich auf einer alten Brücke, die mit ihrem Rautendesign ins Auge sticht, meinen alten Bekannten, den Fluss Le Doubs (Doubs).


Der Le Doubs (Doubs) wird nicht müde, mich auch heute den ganzen Tag zu begleiten. Mal fahre ich am linken Ufer entlang, dann wieder am rechten. Die Landschaften sind herrlich und das Wasser hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Flussauen, jede Menge malerische Schleusen und kleine Wasserfälle lassen die Fahrt kurz werden. Noch dazu bleiben die Temperaturen angenehm bei maximal 22o C.

 

Auf dem EuroVelo 6 sind wieder viele Fahrradfahrer unterwegs. Bei der Breite des Weges spielt das aber überhaupt keine Rolle. Jeder hat genügend Platz.


In Dole erwartet mich der Blick auf die Stiftskirche Notre-Dame aus dem 16. Jahrhundert. Als eine ältere Dame sieht, dass ich ein Foto schieße, kommt sie auf mich zu und fragt mich - auf Französisch - ob sie ein Foto von mir vor der Kirche machen soll. Ich verstehe natürlich erstmal nur Bahnhof🏨. Dann kapiere ich ihre freundliche Geste, lehne aber dankend ab. Ich will ja schöne Fotos haben😉. Einige Minuten später treffe ich wieder auf einen alten Bekannten, den Canal du Rôhne au Rhin (Rhein-Rôhne-Kanal). Dort liegen einige Boote, auch durchaus größere die man mieten kann.

 

Am Kai geht eine junge Frau mit ihren Kindern spazieren. Sie grüßt mich mit Bonjour, spricht aber mit ihren Kindern Schweizerdeutsch. Ich sage zu ihr "Sie sprechen Deutsch!", worauf sie mir entgegnet "Ja, wir kommen aus der Schweiz.". Wir kommen so ins Gespräch und sie fragt mich, wo ich herkomme und wo ich hinfahre. Ich erkläre es ihr, worauf sie staunt. Sie sagt, sie fahren die Strecke genau in die andere Richtung, mit den beiden kleinen Kindern vermutlich im Wohnmobil. Für mich ist es schön, mich endlich wieder mal mit jemandem von Mensch zu Mensch richtig unterhalten zu können. In Frankreich ohne Französisch fühle ich mich schon ziemlich isoliert. Da denke ich wehmütig an die wunderbar unbeschwerten Begegnungen in Skandinavien zurück, wo Englisch wie selbstverständlich gesprochen wird.

Bereits um 10:30 Uhr komme ich an meinem heutigen Etappenziel Tavaux cités im Hotel und Restaurant Domaine de la Borde an. Es handelt sich um ein altes Gehöft, dass aber zum Teil liebevoll hergerichtet ist.

 

Mir ist schon klar, dass ich viel zu früh dran bin. Die Eigentümerin und ihr Mann entschuldigen sich und mit etwas Englisch erkläre ich ihnen, dass ich mich für die frühe Ankunft entschuldigen muss. Sie fragen, ob ich einen Kaffee möchte und ich nehme dankend an. Zum Kaffee gibt's sogar noch ein frisches Croissant.

 

Nachdem auf dem Parkplatz ein Auto mit einem deutschen Kennzeichen für Regensburg steht, spreche ich den Mann und seine Frau an. Sofort entwickelt sich ein schönes Gespräch im heimatlichen Dialekt - was für eine Freude🥰. Die beiden interessieren sich für das Gespann und wir fachsimpeln etwas. Dann brechen die beiden auf, wie sie sagen, weiter in Richtung Süden.

 

Schon bald kann ich mein Zimmer beziehen. Das Gespann ist zum Aufladen in der Garage untergebracht, wofür der Eigentümer extra ein Verlängerungskabel besorgt🤗.

 

Nachdem das Restaurant heute Ruhetag hat, was ich übersehen habe, bereitet mir die Hausherrin eine Brotzeit mit Baguette, Schinken, Käse, Butter und einer Flasche Wasser zu. Das würde nichts kosten, meint sie. Die Leute hier sind wirklich sehr freundlich und zuvorkommend🥰.

 

Ich bin mit einem mulmigen Gefühl nach Frankreich gefahren😳. Meine Erlebnisse auf der Schulabschlussfahrt und bei der Durchfahrt nach Irland haben mich irgendwie geprägt. Außerdem heißt es ja allgemein, dass die Franzosen keine anderen Sprachen sprechen. Dem kann ich nur zustimmen. Die Erfahrung habe ich vor einigen Jahren mit geschäftlichen Kontakten in Paris gemacht, und auch jetzt habe ich noch keine jüngeren Franzosen getroffen, mit denen ich mich hätte in Englisch unterhalten können. Aber ich kann bisher sagen, dass die Menschen freundlich und hilfsbereit sind. Das ist ja schon mal was👍.

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Liesl (Montag, 08 August 2022 08:57)

    Servus Wolfi, ich hoffe das deine kulinarischen Erfahrungen in Frankreich besser werden (komisch das Land der gehobenen Küche). Schick ich dir per Express Lieferdienst a Schweinshax‘n nach.�

  • #2

    Wolfi (Montag, 08 August 2022 11:33)

    Liesl, du bist ein Schatz! Wenigstens eine, die sich um mein leibliches Wohl sorgt.
    Der kleine Bayer fährt eh nur noch unter der Bedingung mit, dass wir nach unserer Rückkehr baldmöglichst zu dir ins Ayinger Bräustüberl kommen. Da konnte ich nicht nein sagen�.
    Liebe Grüße
    P.S.: Das mit der Express-Lieferung wird schwierig, weil ich ja so schnell bin�‍♂️�.